Der Preis unserer Erlösung

Da in diesem Jahr vom 19. April bis zum 24. Juni das Grabtuch von Turin wieder öffentlich ausgestellt werden soll (zum achten Mal in den letzten hundertfünfzig Jahren, die nächste Ausstellung ist für 2025 vorgesehen), wollen wir uns kurz der Frage stellen, welche Botschaft das Tuch für unseren Glauben haben kann.
Lange und viel beschäftigte sich die Wissenschaft mit der Geschichte und Herkunft des Grabtuchs von Turin und der darauf erkennbaren Bildspuren. Man verglich schriftliche und bildhafte Zeugnisse mit den Spuren auf dem Tuch, um so den Weg durch die Jahrhunderte zu verfolgen und seine geschichtliche Herkunft zu klären. Dabei stellte sich heraus, dass es praktisch unmöglich ist, das Bild auf dem Grabtuch als Produkt menschlicher Darstellungskunst oder gar als bloße Fälschung des Mittelalters zu sehen. Nicht nur das Fehlen von Farben, die merkwürdige Darstellung als Negativ, die unvorstellbare Verfärbung von nur Bruchteilen von einzelnen Fäden (die unter den Blutspuren fehlt, also merkwürdigerweise erst nach diesen auftrat), die Herkunft und Machart des Leinens und ihre Datierung, die Reste von Blütenpollen und Erde aus dem heiligen Land, die völlig realistische Darstellung aller Einzelheiten einer Kreuzigung, welche von den vielen Darstellungen in der Kunst, die nach dem Verbot der Kreuzigung im 4.Jahrhundert darüber nicht mehr Bescheid wusste, erheblich abweicht, lassen das Tuch nicht als menschliches Werk erscheinen. Viele andere kleine Details erhärten die These, dass das, was die Tradition für dieses Tuch überliefert, der Wahrheit entspricht und es wirklich das Grabtuch Jesu ist.
Deshalb fordert uns das Grabtuch auch heraus, zu fragen: Was können wir in Bezug auf das Leiden und Sterben oder vielleicht sogar über die Auferstehung dessen, der in dieses Tuch gehüllt gewesen ist, erfahren?
Dank der Spezialisierung der Wissenschaft und der Wissenschaftler, die an der Erforschung des Grabtuches mitarbeiten, ist es möglich geworden, immer detaillierter zu deuten, was sich auf dem Grabtuch auf den ersten Blick manchmal nur undeutlich zeigt.
Dabei fällt zunächst vor allem auf, wie sehr das, was auf dem Tuch an Spuren vorhanden ist, mit den Berichten der Evangelien über das Leiden Christi übereinstimmt. Spuren einer Dornenkrönung, der Seitenwunde oder einer systematischen Geißelung sind auf dem Tuch klar und deutlich erkennbar. Bei wem außer bei Jesus Christus sollte man diese Hinweise alle gemeinsam und zusammen mit noch viel mehr übereinstimmenden, kleineren Details in dieser Weise finden? Sie entsprechen in ihrer Gesamtheit, aber auch in der Art und Weise, wie sie sich zeigen, genau dem, was uns die Evangelisten berichten und was uns sonst von keinem einzigen der je Gekreuzigten überliefert ist.
Genauere Untersuchungen geben aber noch viel mehr Details frei, die uns in bisher unvorstellbarer Weise die ganze Schwere des Leidens des auf dem Grabtuch abgebildeten Mannes offenbaren, der eigentlich - auch nach der überlieferten Gestalt Seines Aussehens - nur Jesus sein kann. Wenn es sich hier wirklich um das Grabtuch Jesu handelt, wie es seit alter Zeit überliefert wird, das uns in unerklärlicher Weise ohne Farbe das Foto-Negativ Seiner Gestalt bewahrt hat und von dem alle Wissenschaftler letztlich zugeben müssen, dass es als Bild menschlich nicht erklärbar oder herstellbar sei, dann zeigt uns das Bild in erschütternder Weise, in welch unglaublichem Ausmaß Er sich dem Leiden und der Bosheit der Menschen überlassen hat, um uns den Weg zum Herzen Gottes wieder aufzutun.
Man findet auf dem Grabtuch Spuren von unzähligen Wunden: Abschürfungen, Quetschungen und Wunden im eigentlichen Sinn. Praktisch alle Verletzungen zeigen einen Blutfluss, der vor dem Tod auftrat. Am meisten fallen die vielen Wunden der Geißelung auf, die vor allem auf dem Rücken bis hinab zu den Beinen zu sehen sind. Mindestens 98 Schläge können gezählt werden. Eigentlich waren bei den Juden nur 40 erlaubt, weil mehr Schläge lebensgefährlich sein konnten, aber die Römer kannten hier keine Grenze. Manche Wissenschaftler haben bei dem Hingerichteten auf dem Grabtuch 121 Schläge oder noch mehr gezählt. In der Regel wurden die Verurteilten auch noch auf dem Weg zur Hinrichtungsstätte mit Geißeln geschlagen.
Mit Geißelspuren ist vor allem der Rücken übersät, aber auch auf der Vorderseite des Abbildes sind Geißelhiebe zu erkennen, fünf oder sechs auf dem Bauch und fünfzehn auf der Brust und den Schultern. Da das Blut auf den Schultern nach vorne abgeronnen ist, geht man davon aus, dass Jesus nach vorne gebeugt geschlagen wurde oder nach der Geißelung zu Boden gefallen ist.
Die römischen Geißeln mündeten in zwei oder drei Lederriemen mit je zwei kleinen, durch ein kurzes Stäbchen verbundenen, Metallkugeln oder -spitzen an den Enden. Aus der regelmäßigen Anordnung der Schlagspuren kann man erkennen, dass Jesus von zwei Personen gegeißelt worden ist. Man sieht deutlich, dass Jesus nicht nur wie sonst üblich auf dem Weg zur Kreuzigung mit Geißeln geschlagen wurde, sondern dass hier eine systematische Auspeitschung vorgenommen worden ist, nach der Pilatus Jesus ursprünglich ja freigeben wollte (Lk. 23, 16.20.22). Das Grabtuch bestätigt so exakt den Bericht des Evangeliums.
Mindestens 50 - 59 Schläge stammen von einer Geißel mit drei Enden, 18 Schläge zeigen nur Zeichen von zwei Enden und 21 nur die Spur von einem Ende.
Auf dem Grabtuch sind auch Spuren der Dornenkrone zu erkennen. Eine solche Verletzung am Kopf wird sonst von keinem Prozess in der Antike berichtet. Die Dornenkrönung Jesu vollzogen die Soldaten nach dem Bericht des Evangeliums (Joh. 19,2), weil sie mitbekommen haben, dass Jesus wegen eines Königs-Anspruchs verurteilt worden ist, und sie ihn deswegen verhöhnten. Wahrscheinlich bildeten sie eine Art Haube, ähnlich den Kronen, die in der Antike im Osten üblich waren. Das Grabtuch zeigt jedenfalls Ströme von Blut auf dem ganzen Kopf, 13 Verletzungen auf der Vorderseite, 20 am Hinterkopf. Das Blut ist geronnen, also schon vor dem Tod ausgetreten. Die Schmerzen der Dornen müssen sehr heftig gewesen sein. Am Kopf befinden sich sehr dichte und sehr empfindliche Nervenenden, ca. 144 pro Quadratzentimeter. Das Blut, das ausgetreten ist, ist teils arteriell, teils venös. Auch dies spricht gegen eine "Fälschung des Mittelalters", weil diese Verschiedenheit des Blutes erst viel später entdeckt worden ist.
Die Ströme des Blutes, die aus tiefen Wunden am Kopf stammen und vor allem auch am Hals sichtbar sind, zeigen, wie sehr diese Dornenkrone auch am Kreuz sich immer noch durch die Bewegungen des Kopfes gegen das Holz in die Kopfhaut hineingebohrt haben muss.
Oberhalb der rechten Schulter und hinten am Schulterblatt der linken Schulter erkennt man auch größere rechteckige Verletzungen, Abschürfungen und Quetschungen der Geißelwunden, die zeigen, dass Jesus nach der Geißelung auch das schwere Kreuz getragen hat.
Manche gehen davon aus, dass dabei nur der Querbalken über den Schultern angebunden wurde, andere halten dies für unwahrscheinlich, teils weil tobende Verurteilte mit einem Balken an den ausgebreiteten Händen selbst zur Gefahr für sie begleitende Soldaten hätten werden können, teilweise aber auch, weil es in Israel kaum denkbar war, dass man den Längstbalken, der ja nach jüdischer Auffassung nach dem Tod eines Verurteilten (für den es eine Erlösung gewesen wäre, schon vor der Kreuzigung getötet zu werden) unrein geworden war, von früheren Hinrichtungen für später hätte stehen lassen können. Auch nach der Kreuzabnahme Jesu mussten diese unreinen Todeswerkzeuge vor dem Passahfest wohl schnellstens beseitigt werden. Wahrscheinlich wurden sie an Ort und Stelle eilig vergraben, so dass eine spätere Kreuz-Auffindung unter Kaiserin Helena und dem Jerusalemer Bischof Makarius (314-334), von der schon der hl. Ambrosius 395 berichtet, möglich wurde.
Auch wenn schon der Querbalken allein sehr schwer war, ist es also denkbar, dass Jesus auch das Kreuz als Ganzes getragen hat, wie es in der Tradition der Kreuzwegsbilder üblicherweise auch dargestellt wird.
Am linken Schulterblatt sind hinten starke Abschürfungen, die durch Reibung des Kreuzbalkens auf dem Kreuzweg oder am Kreuz entstanden sein dürften. Die Wunde an der rechten Schulter ist oben in einem Rechteck von 10x9 cm sichtbar und reicht bis zum Schlüsselbein vorne. Sie zeigt so auch die ungefähre Dicke des Kreuzbalkens an, der hier aufgelegen sein muss.
Gewöhnlich wurde der linke Teil des Kreuzesholzes auf dem Kreuzweg mit einem Seil am linken Fuß angebunden. Wenn es mehrere Verurteilte waren, wurde das Kreuz auf der anderen Seite auch mit dem rechten Fuß des Vordermannes durch ein Seil verbunden, um jede Fluchtgefahr auszuschließen. Der Kreuzbalken konnte so kaum ruhig auf der Schulter liegen, sondern wurde hin und hergezogen.
Da man beim Grabtuch nur die Einschnitte der Schnur am linken Fuß erkennen kann, dürfte Jesus als letzter hinter den zwei anderen Verurteilten geschritten sein. Das hätte selbst einen unverletzten Mann mit der Last des Kreuzes (allein der Querbalken dürfte bei einem Durchmesser von 9-10 cm mindestens 20 kg gewogen haben, das ganze Kreuz mindestens das Doppelte) im Gedränge dieser Situation zum Straucheln bringen können, erst recht für jemanden, der soeben eine furchtbare Geißelung und andere Grausamkeiten hatte ertragen müssen. Wenn man bedenkt, dass die Verurteilten auf dem Weg zur Kreuzigung auch noch mit Geißeln und Peitschen geschlagen wurden und deshalb unwillkürliche Bewegungen des Schmerzes oder des Ausweichens vollzogen, ist es bei der Zusammenkettung fast unvermeidlich, dass sie von den anderen zu Boden gerissen wurden.
Von mehrfachem Fallen auf dem Kreuzweg zeugen auf dem Grabtuch im Bereich der Knie Reste von Aragonit, einer Gesteinsart, wie sie um Jerusalem herum vorkommt. Überdies zeigt die starke Anschwellung des rechten Knies, dass vermutlich die Kniescheibe gebrochen war (N. Svensson: Medical and forensic aspects of the Man depicted on de Turin Shroud. ISWAI 2010, S. 181-182. Vgl. www.igw-resch-verlag.at/resch/index.html?artikel/grabtuchkoerperbild.html). Auch am linken Bein zeigen Knie und Unterschenkel schwere Verletzungen. Darüber hinaus ist auch der Nasenknorpel verschoben, vermutlich ebenfalls ein Hinweis auf einen Sturz direkt auf das Angesicht (da das Kreuz an den Armen angebunden wurde, konnte man sich beim Sturz nicht mit den Händen auffangen). Der mittlere bis obere Bereich der Nase ist angeschwollen. Heftiges Nasenbluten folgt einer solchen Verletzung der Nase und kann noch am Oberlippenbart abgelesen werden. Dreidimensionale Fotographien von Prof. Tamburelli haben dies bestätigt. Abschürfungen kann man auch an der linken Wange, an der Nasenwurzel und an der Unterlippe erkennen. Schwellungen sind aber nicht nur an der Nase, sondern auch am Kinn, trotz des blutgetränkten Bartes, zu sehen, ebenso an der rechten Wange.
Die Stürze Jesu müssen also heftig und äußerst schmerzhaft gewesen sein. Wie oft Jesus gestrauchelt ist, wissen wir nicht. Die Kreuzwegstationen überliefern jedenfalls noch zwei Stürze nach einem ersten Sturz, nach dem Ihm beim Tragen des Kreuzes von Simon von Cyrene geholfen wurde. Auch dies zeigt, wie geschwächt Jesus schon war, so dass die Soldaten Simon zwingen mussten, das Kreuz zu tragen, damit Jesus überhaupt den Richtplatz erreichen konnte.
Nicht nur jeder Sturz selbst war furchtbar. Nach einem Hinfallen war es auch unmöglich, sich allein wieder zu erheben, weil die Hände ja ans Kreuz gebunden waren. Hohn und Grobheiten beim Aufrichten waren auch hier wieder unausweichlich Quelle neuer Schmerzen.
Was den Kreuzweg Jesu weiter beschwert hat, war die Tafel mit dem Namen und der Schuld, die den Verurteilten auf ihrem Weg zur Hinrichtung um den Hals gehängt wurde. Im Falle Jesu stand darauf, wie wir aus dem Evangelium wissen: "Jesus von Nazareth, König der Juden", und zwar auf Hebräisch, Griechisch und Latein (vgl. Joh. 19,19ff.). Sie muss also ungefähr 80 x 30 cm groß gewesen sein und war eine zusätzliche große Belastung beim Gehen. Sie behinderte einerseits den Blick auf den Boden und war zudem eine große Gefahr bei jedem Sturz. Bei den vielen Wunden verursachte auch die Reibung am Hals immer neue Schmerzen. Professor Marastoni konnte nach Vergrößerung von fotographischen Aufnahmen, auch in dreidimensionaler Art, Spuren von hebräischen und lateinischen Buchstaben auf der rechten Wange des Gekreuzigten feststellen, lesbar vor allem: S NAZARE. Offenbar ist also Jesus mit dem Gesicht auf die frisch geschriebene Tafel gefallen. Dreimal finden sich auf dem Gesicht des Grabtuches auch Teile von IN NECE (M) in einer Buchstabehöhe von 2,5 cm, was so viel bedeutet wie: ZUM TODE (verurteilt), und offenbar auf einer zusätzlichen kleineren Tafel von Jesus mitgetragen werden musste (vgl. Toscano, Dr.G., Grabtuch und medizinische Wissenschaft, www.preghiereagesuemaria.it/libri/la%20santa%20sindone%20e%20la%20scienza%20medica.htm).
Betrachtet man auf dem Grabtuch das Bild der Vorderseite des Leichnams, so fällt auf, dass die übereinander gekreuzten Hände viel weiter unten am Leichnam erscheinen, als es eigentlich zu erwarten wäre. Gleichzeitig ist die rechte Schulter viel tiefer als die linke.
Eine neuere Untersuchung sieht darin einen Beleg dafür, dass die rechte Schulter des Gekreuzigten ausgerenkt gewesen sein muss, wie VATICAN INSIDER am 8. Mai 2014 berichtete (http://vaticaninsider.lastampa.it/nel-mondo/dettaglio-articolo/articolo/sindone-shroud-sudario-33948/). Die Studie wurde unterzeichnet von Matteo Bevilacqua (Direktor der S.C. di Fisiopatologia Respiratoria, Universitätsklinik Padua); Giulio Fanti (Mitglied der Abteilung Ingegneria Meccanica, Universität Padua); Michele D'Arienzo, (Direktor der Clinica Ortopedica, Universität Palermo) und Raffaele De Caro (Direktor des Instituts der Anatomia Normale, Universität Padua), und wurde von "Injury" ("International Journal of the Care of the Injured"), einer angesehenen internationalen Zeitschrift der Orthopädie, unterstützt.
Die Studie erklärt dies mit heftigen Stürzen nach vorne unter der Last des Kreuzes, was neben Verletzungen im Gesicht im Bereich der Stirn, der linken Augenbraue und des rechten Auges auch zu einem Riss der Nerven am Hals und damit vielleicht auch zu einer Bewegungsunfähigkeit des rechten Armes geführt haben mag.
Das könnte ein weiterer Grund sein, warum Simon von Cyrene Jesus das Kreuz tragen helfen musste. Eine ausgerenkte Schulter würde aber auch bedeuten, dass Jesus sich so ausgespannt am Kreuz noch schlechter hätte hochziehen können, um Luft zu holen.
Nach genauerer Untersuchung der Wunden wurde auch festgestellt, dass die Hände, aber auch die Füße wahrscheinlich nicht mit einem Nagel, sondern mit zwei befestigt wurden. Aus den Wunden kann man schließen, dass rechteckige Nägel mit ca. 9 mm Durchmesser verwendet wurden.
Mit der Lähmung des rechten, ausgerenkten Armes, dürfte eine schwere paradoxe Kausalgie verbunden gewesen sein, Schmerzen wie bei intensiver Hitze bis hin zum Schock bei der kleinsten Bewegung der Glieder. Wer aber am Kreuze hing und sich nicht bewegte, hätte schnell keine Luft mehr bekommen. Zum Atmen musste der Gekreuzigte sich immer wieder mit den Armen 15 Grad nach oben ziehen, auch das verursachte ähnliche Schmerzen bei den angenagelten Händen durch die Verletzung wichtiger Nervenbahnen. Zugleich bewirkte dieses Aufrichten starke stechende Schmerzen an den angenagelten Füßen. Jede Position und jeder Versuch, sie zu ändern, war am Kreuz unerträglich.
Der Brustkorb war durch die Spannung extrem gehoben, so dass das Atmen beinahe unmöglich war. Auch dies ist auf dem Leichentuch zu erkennen, das den Leichnam in seiner Todesstarre zeigt, die bei schweren Verletzungen meist sehr früh eintritt.
Andere weisen darauf hin, dass es durch die lang andauernde Unmöglichkeit, richtig auszuatmen, und den damit verbundenen starken Anstieg der (Kohlen)säure im Blut zu einer Art Krampf und Starre der Muskeln schon am Kreuz gekommen sein muss. Die Krämpfe werden wahrscheinlich vom Unterarm ausgehend zunächst die anderen Gliedmaße befallen haben, schließlich auch den Rumpf. Dabei erhöhte sich die Temperatur, es kam zu heftigem Schwitzen, zu Schüttelfrost und Schwindel, auch das Atmen wurde durch solche Krämpfe fast unmöglich. Dazu muss wegen des enormen Flüssigkeitsverlustes auch ein großes Durstgefühl gekommen sein.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das reichlich vom Blut getrennte Serum, das auf dem Leichentuch im Bereich der Herzwunde und darunter gefunden wurde, dem entspricht, was Johannes mit "Blut und Wasser" (Joh.19,34) beschreibt, das aus dem geöffneten Herzen Jesu geflossen sei. Das nach dem Tod durchstochene Herz zeigt, dass Jesus wirklich gestorben ist und nicht nur "scheintot" gewesen ist, wie manche behaupten, um die "Auferstehung" natürlich erklären zu können.
Das Hervorquellen von Blutserum mit anderem Blut könnte jedoch auf eine Verletzung der Lunge und/oder des Herzens schon vor dem Tod hindeuten, die möglicherweise durch die schweren Stürze schon vor der Kreuzigung verursacht war, so dass sich viel Blut schon vor dem Tod im Körperinneren ansammelte. Ein Stich ins Herz würde nämlich bei einem innerlich unverletzt Verstorbenen lediglich zu einem Verlust von 50 bis 300 ml Blut führen, was durch das Zwerchfell aufgefangen und kaum nach außen dringen würde. Johannes legt aber feierlich auch über das Ausströmen des Blutes und des Wassers Zeugnis ab (Joh. 19,35), nicht nur über den Verzicht der Soldaten, die Gebeine Jesu zu zerbrechen (womit Johannes Jesus als das neue Osterlamm - vgl. Ex. 12,46; Ps. 33,21 - vorstellt, hingeopfert zur selben Stunde, da bisher die Osterlämmer im Tempel geschlachtet wurden). Der Schwall, der aus der Seite Jesu herausbrach, dürfte also auffallend gewesen sein.
Trotz der enormen Einschränkungen beim Atmen ist Jesus aber nicht an Erstickung gestorben, die mit Bewusstlosigkeit im Koma verbunden gewesen wäre. Denn nach den Berichten der Evangelien sprach Jesus noch kurz vor Seinem Tod und starb, nachdem Er bis zuletzt bei Bewusstsein war, mit einem lauten Schrei. Ein solcher Schrei tritt gewöhnlich bei einem Riss des Herzens auf. Es könnte zu Einblutungen in den Herzbeutel, der das Herz umgibt, gekommen sein, vielleicht nach einem heftigen Sturz oder als Folge eines durch die Strapazen schon Stunden vorher erfolgten Herzinfarkts. Der Herzbeutel füllte sich dadurch und drückte auch auf die obere Lunge. Zudem war das Herz durch die mangelhafte Möglichkeit auszuatmen und durch die zunehmende Schwächung gezwungen, schneller zu schlagen, war also auch dadurch äußerst belastet. So kann es leicht zu einem völligen Bruch und einem damit verbundenen Herzstillstand gekommen sein.
Wenn nun durch irgend eine Verletzung Blut in das Pericard, den Herzbeutel, geflossen ist, so setzten sich dort nach einiger Zeit die Blutkörperchen vom Blutserum ab, was dann nach einem Stich ins Herz des Verstorbenen dazu führen konnte, dass "Blut und Wasser" hervorkam, wie es der Apostel Johannes beschreibt und wie es auf dem Grabtuch im Bereich der Herzwunde auch gefunden wurde.
Dass die rechte Schulter auf dem Grabtuch tiefer erscheint, kann auch eine Folge dieses Stiches ins Herz nach dem Tode sein, der zugleich den rechten Lungenflügel in sich zusammensacken ließ.
Noch kurz vor seinem Tod dürfte Jesus eine Verletzung erlitten haben: Auf dem Grabtuch wurde von Prof. Tamburine, der die besten dreidimensionalen Bilder hergestellt hat, ein Schnitt im Gesicht entdeckt, der vom rechten Haaransatz über die Wange bis zur Nase reicht (Il tempo, 18.März 1985) und wahrscheinlich vom Ysopzweig herrührt, auf den der Schwamm gesteckt war, der ihm vor seinem Tod an den Mund geführt wurde, der aber entweder sein Ziel nicht gleich traf oder durch eine ruckartige Bewegung des Kopfes abgelenkt wurde.
Doch trotz all der sichtbaren und entstellenden Spuren von furchtbaren, unerträglichen Qualen, von denen das Leichentuch von Turin Zeugnis gibt, strahlt das Antlitz auf diesem Tuch eine erhabene Majestät und Überlegenheit, ja einen beinahe unvorstellbaren, übernatürlichen Frieden aus. Und das, obwohl der Leichnam in aller Hast und ohne jede Waschung oder Einbalsamierung bestattet werden musste.
Aber der Tod gerade am Vortag des Osterfestes hatte nicht nur dafür gesorgt, dass Jesus zum selben Zeitpunkt, an dem im Alten Testament die Osterlämmer geschlachtet wurden, gestorben ist und uns so wie oben schon erwähnt als das neue Osterlamm, dem kein Bein zerbrochen werden sollte, vorgestellt wird (vgl. Joh. 19,36). Durch diese Eile wurden auch all die Zeichen des Leidens auf dem Grabtuch erhalten, die sich uns durch die neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten heutzutage allmählich erschließen, wie auch die Zeichen Seiner Auferstehung, die geschehen ist, bevor sich Zeichen von Verwesung auf dem Tuch absetzen konnten. Der Leichnam wurde dabei nicht gewaltsam vom Tuch getrennt, was durch Verletzung der Blutspuren und -krusten sichtbar wäre, sondern das Gewebe ist völlig unversehrt geblieben, was keine natürliche Erklärung für ein Verschwinden des Leichnams übrig lässt und so indirekt die übernatürliche Auferstehung des Gekreuzigten bestätigt!
Das Blut, das auf dem Leichentuch zu finden ist, wurde der Blutgruppe AB zugeordnet, die ebenfalls beim Schweißtuch, das im spanischen Oviedo verehrt wird, nachgewiesen wurde. Wissenschaftler der Universidad Catolica San Antonio de Murcia (UCAM) fanden darüber hinaus aber auch eine Übereinstimmung der abgelagerten Pollen auf dem Grabtuch von Turin und dem Schweißtuch von Oviedo.
Die Pollen stammen von Pflanzen, die mit den Tüchern direkt in Kontakt waren, also offenbar von solchen, die zum Leichnam mit ins Grab gelegt wurden. Damit kann eine gemeinsame Herkunft und ein gemeinsamer Ursprung der Tücher kaum mehr ausgeschlossen werden, und die Überlieferung zu den beiden Tüchern wird weiter bestätigt. Sie verweist uns auf die Stelle des Johannes-Evangeliums, wo Petrus und Johannes im leeren Grab nicht nur "die Leinenbinden daliegen" sahen, in die der Leichnam eingewickelt war, sondern auch "das Schweißtuch, das auf Seinem Haupte gelegen hatte" (Joh. 20,7).
Schon frühere Untersuchungen von Pierluigi Baima Bollone ergaben auffällige Übereinstimmungen bei beiden Tüchern: Nicht nur, dass das Blut auf dem Schweißtuch von Oviedo und dem Grabtuch von Turin derselben Blutgruppe AB entspricht. Nein, auch die Blutflecken auf dem Schweißtuch stimmen in ihrer geometrischen Anordnung mit jenen des Grabtuches überein. Das sei nur erklärbar, wenn beide Tücher um denselben Kopf gewickelt waren. Das rechteckige Schweißtuch des Herrn misst 53 mal 86 Zentimeter. Das Material des Tuches entspricht jenem des Grabtuches von Turin, unterscheidet sich allerdings in der Webart, was bestätigt, dass es sich um zwei verschiedene Tücher handelt.
Alfonso Sanchez Hermosilla, der Leiter der Abteilung Forensische Histopathologie am Rechtsmedizinischen Institutvon Murcia stellte fest, dass es sich bei der neuen Entdeckung "um eine weitere Übereinstimmung, die sich einer wachsenden Reihe festgestellter Übereinstimmungen hinzufügt", handelt.
Es erscheint wie eine Gnade von oben, dass uns heute immer mehr auch der Zugang zu überlieferten Reliquien unseres Herrn durch wissenschaftliche Erkenntnisse möglich wird. Auffallenderweise werden sehr viele Überlieferungen, die früher gerne als fromme Erfindungen belächelt wurden, durch immer exaktere Methoden der Prüfung nicht widerlegt, sondern immer deutlicher, ja in vielen Fällen sogar überraschend und unvorstellbar klar bestätigt. Es zeigt sich immer wieder, dass der Glaubenssinn vergangener Generationen nicht daran interessiert war, Dinge einfach zu erfinden, wie es ihnen von "aufgeklärten" Menschen heute gern unterstellt wird, sondern Wahrheiten zu überliefern, auch wenn sie ihnen selbst als wunderbar oder unglaublich erschienen.
Mit der Erforschung der überlieferten Reliquien aus dem Grabe Jesu wird es uns heute auch ermöglicht, mehr und genauer über den bitteren Tod und die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus informiert zu sein.
Eine Kreuzigung wurde in der Antike als so schrecklich und grausam empfunden, dass es lange praktisch keine bildlichen Darstellungen davon gab, selbst unter Christen. Die Strafe der Kreuzigung wurde im Jahr 320 n.Chr. von Kaiser Konstantin schließlich verboten, der nach den Verfolgungswellen der vorhergehenden Jahrhunderte dem Christentum auch endlich Anerkennung und Freiheit schenkte. Erst als die Strafe verboten war, begann man durch bildliche Darstellungen an das bittere Leid Christi zu erinnern.
Dennoch wurde das Kreuz auch vorher schon hoch verehrt, was sich besonders bei der Auffindung des Kreuzes Jesu durch Helena, die Mutter Konstantins, um 325 in Jerusalem deutlich zeigt. Ab dem 5. Jahrhundert werden Darstellungen der Kreuzigung häufiger. Man merkt jedoch, dass die Kreuzigung nur noch vom Erzählen, nicht aus eigener Anschauung bekannt war.
Das Grabtuch von Turin unterscheidet sich in vielen exakten Details der Kreuzigung, die den Künstlern im Mittelalter und später völlig unbekannt waren, von den Darstellungen der Künstler. Es zeigt uns auch so, dass es keine mittelalterliche Fälschung sein könnte, und stellt uns so, zusammen mit dem Schweißtuch in Oviedo, in völlig realistischer, nachvollziehbarer Weise Jesus in Seinem menschlichen Leiden vor Augen, das Er für uns auf sich genommen hat!
Wie viele Heilige sehnten sich danach, Jesus in Seinem Leid zu betrachten und sich so mit Seiner Liebe zu vereinigen! Die Entdeckungen auf den Tüchern von Turin und Oviedo erscheinen als ein Entgegenkommen Jesu Christi an unsere Zeit, die zwar weiter von Seinem damaligen Erdenwandel entfernt ist, der Er aber gerade in ihrer "Wissenschaftsgläubigkeit" neue Zeichen Seines wunderbaren Erdenlebens gibt, von der frühere Generationen nur träumen konnten!
Danken wir für diese Gnaden, öffnen wir unser Herz für die übergroße Liebe unseres Erlösers, verhärten wir unsere Herzen nicht, lassen wir uns rühren von dieser Liebe, die solches um unseres Heiles willen für uns erduldet hat! Was sollte uns zu schwer sein, wenn wir den Preis unserer Erlösung betrachten, den unser Heiland für uns mit Seinem Leben bezahlt hat!

Zum Grabtuch von Turin siehe auch:

www.beitraege-akg.de/texte/jesus_christus_menschwerdung_gottes/zeichen_der_auferstehung.htm
www.beitraege-akg.de/texte/jesus_christus_menschwerdung_gottes/grabtuch_von_turin_wahre_reliquie.htm

Thomas Ehrenberger

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